Nach Haus, bitte


Andalusien (Spanien), 1. Teil


Verirrt in Sevilla
Die westlichen Pueblos Blancos
Ein Platz von grossem nationalem touristischem Interesse (die Costa del Sol)
Die Strecke zum Felsen
Die un-Sevillianisierte Seite der Berge (die oestlichen Pueblos Blancos)
Nach jeder Menge Grosstadtverkehr, geht es endlich aus dem Verkehr.
Radfahren auf Gibraltar hat Vor- und Nachteile.
Eine Begegnung mit einem Fahrradtouristen.
Radfahren durch die pueblos blancos hoechst empfehlenswert.

Verirrt In Sevilla

Einmal auf spanischem Grund und Boden gelandet, bewaffnete ich mich mit einer neuen Landkarte fuer die Strassen vor mir. Die best geeingnete Waffe dafuer war die Fidelsur Andalucia Karte. Eigentlich war das die einzige Landkarte, die ich finden konnte. Mehr ueber deren Genauigkeit spaeter. Zwischen mir und der naechsten Grosstadt, Sevilla,  lagen einandhalb Tage. "Also, am besten ich suche etwas Erholung auf kleinen Nebenstrassen, bevor mich wieder der Grossatadtverkehr verschlingt", dachte ich mir. Allerding ist das nicht die beste Gegend fuer kleine Strassen, wenn man in relativ gerader Richtung nach Sevilla fahren will. Normalerweise beschraenkt sich der Verkehr oft an den Kuestenraum. Hier allerdings, liegt ein grosser Marschland-Naturpark direkt an der Kueste. Also bleibt der Verkehr auch weiter im Innland und faehrt in gerader Linie auf Sevilla zu. Trotzdem, bei der 1.5 Tage langen Tour nach Sevilla, waren ungefaehr 20 Meilen winzig kleine Straesschen dabei, die kleine Doerfer verbanden, Obstgaertenbaueme die locker dem Horizont zu zustreben schienen, weit entfernte Kirchtuerme im Dunst, die grosse Ebene von Huelva. Der Uebernachtungsort war von grossen Burgwaenden umgeben. Das war die alte schlaefrige Stadt Niebla.

Regen schlug wieder zu, an dem Tag an dem ich nach Sevilla fahren wollte, nur noch ugefaehr 40 Meilen. Bis Mittag war der Himmel noch mit seinem Morgenregen beschaeftigt. Dann fuhr ich los. Bevor es 3 Uhr schlug war ich nass. Ich ass ein spaetes Mittagessen, ueber einer Bank stehend, im Gegensatz zu darauf sitzend - in der Naehe irgend eines Glockenturms, der besonders schoen aus der Ferne aussah, so wie von der Ortsumgehungsstrasse bei der Ausfahrt. Wenn es trocken gewesen waere, waere das so viel schoener gewesen.

Endlich war Sevilla unter mir auf der anderen Seite des Quadalquivir Flusses. Das einzige, was mich davon noch trennte, war die riesengrossen Qualdalquivir Flussebene. Von meinem Aussichtspunkt sah es aus als ob 2 Autobahnbruecken darueber gingen, aber das waers dann auch schon. Von der Innenstadt steckte die Katedherale ihren charakteristischen Turm aus dem Stadtdschungel, und ich wusste in welche Richtung ich zu fahren hatte. Jetzt musste ich nur noch nach dort finden, von hier dem Vorortsdschungle. Ich fragte einen Jugendlichen wie man so was tun koennte. Er wollte mich auf die volle 4 spurige Autobahn ueber den Fluss schicken, genau wie all die Zeichen auf denen "Sevilla" geschrieben stand. Er meinte das sei die einzige Moeglichkeit. Ein zweiter Mann an einer Tankstelle wiederholte diese Meinung, und versicherte mir, ich haette ja ein tramo (Schulter) auf der ich fahren koennte. Da hatte er natuerlich auch wierder recht. Es klang ueberzeugend und auch versichernd, und so uebequerte ich den geflochtenen Quadalquivir und fuhr in Sevilla ein, auf der Schulter einer 5 spuringen Autobahn, waehrend des Berufsverkehrs - aber nur bis zur ersten Ausfahrt auf der anderen Flussseite. Spaeter las ich mit Ueberraschung in der Rough Guide zu Andalusien : "Halbiert von nord nach sued von dem Fluss Quadalquivir, ist Sevilla einfach und entzueckend mit Fahrrad erkundbar". Ja, und was fuer ein entzueckender Berufsverkehr das war, auch ein reizendes Ueberholmanoever, und ganz einfach Klasse Auspuffwolken.

Um die Rough Guide Empfehlungen fair zu behandeln, die paar Quadratkilometer von Parkanlange, und Gaerten im alten Centrum sind wirklich entzueckend zum Herumzurollen. Man muss nicht einmal all die versteckten, verzwickten Seitenrouten kennen. Erst mal muesste man in so einer so komplexen Stadtumgebung ein paar Jahre leben, um sie ueberhaupt alle zu kennen. Dieses Stadtzentrum ist um Parkanlagen herum organisiert. Man rolle einfach von einem Park zum naechsten. Die Gebauede die sich darin verstecken, hinter farbpraechtigen Springbrunnen, repraesentieren eine enorme Zeitspanne. Das geht zurueck bis zu unseren alten Freunden, den Mauren, oder sie wurden so spaet wie im 20ten Jahrhundert erbaut. Die Aufmerksamkeit des Fahrradtouristen, der aus einer 5 spurigen Smogwolke vaus einer Quadalquivir Bruecke auftaucht, richtet sich zuerst an die vergleichsweise modernen Gebauede. Das ist die nachgebaute Mudejar Architektur des "plaza de Espana" mit seiner etwas angeschlagenen, blau gepfalserten azulero Pracht. Als sie erbaut wurden, waren die Mauren genau so uralte Geschichte wie heute. Die Serie der palastaehnlichen Gebauede des "plaza de Espana"  stammt aus dem Anfang der Inflationszeit vor dem zweiten Weltkrieg, von einer Weltausstellung, genannt die "Ausstellung der Amerikas". Heutzutage gelangt man in Versuchung diese Gebauede in der selben touristischen Schublade mit den Mauren abzulagern - bis man eines besseren belehrt wird.

Jede Stadt hat ein gefuehlsmaessiges Zentrum. Das ist der Ort wo man immer wieder zurueckkehrt. Man ist davon angezogen, entweder aus Notwendigkeit oder von irgend etwas interessantem, welches davon ausgeht. Man braucht es, entweder um sich daran zu orientieren, oder wegen dieser besonderen Ambiance die davon ausstrahlt. Sevillas Mitte ist eine riesige katholische Kathedrale. Dort kehrte ich aus mehreren Gruenden zurueck. Zu Anfang, fing die umfangreiche Zimmersuche hier an. Gassen fuehren von der Kathedrale in das alte Bario Santa Cruz, in aehnlichen aber trotzdem verschiedenen Richtungen. Meine Gasse aenderte ihre Richtung in irregulaeren Winkelen, 2 oder 3 mal, ohne dass es jeh eine Quergasse gab. Wenn man dann endlich zu einer kommt, ist jeder Richtungssinn verloren. Die Gassen sind so eng und tief, dass man keinerlei Spur von dem Kathedralenturm sehen kann. Enge, exquisit gepflasterte Hoteleingaenge fuehren zu Steintreppenhausern, dann hoch zu Gaengen, die farbenpraechtige kleine Miniaturinnenhoefe ueberblicken. Von dort gehen weitere Gaenge zu kleinen Pulten, hinter welchen hoechst zufrieden erscheinende Maenner und Frauen sitzen. Befragt nach einem Zimmer, antworten sie immer mit dem selben Wort. Sie wiederholen das Wort "completo" (voll). Dieses war nicht die ueberfuellteste Zeit des Jahres. Es war nicht semana santa, oder die "feria de abrl" zwei Wochen danach. Es war die Zeit zwischen den ueberfuelltesten Zeiten des Jahres, immer noch ueberfuellt genug, nach jedem Standard. Die zwei Mal wo ich endlich ein vertnuenftiges Zimmer zu einem vernuenftigen Preis fand, war es ein Doppelzimmer. Es kam mir nicht in den Sinn dass es ja durchaus moeglich ist als Einzelperson in einem Doppelzimmer zu schlafen. Meine Auffassung von Zweckmaessigkeit und Sparsamkeit verbat solche Gedanken, waehrend ich immer noch Hoffnung hatte ein billiges Einzelzimmer zu finden. Diese hoffnungslose Suche brachte mich zum Zentrum dieser Stadt zureuck, oefters schon an dem ersten Abend. Von hier konnte ich das komplizierte Bario Santa Cruz mit neuer Energie in Angriff nehmen. Aber es war sehr spaet und ich war sehr nass. Letztlich musste ich mich mit einem 20 Euro Zimmer zufrienden geben. Der Preis selbst war eigentlich gar nicht so hoch, aber er war es doch, wenn man beruchsichtigt was man dafuer bekam. Es handelte sich um eine 2 mal 3 Meter Zelle ohne Fenster und einem moderichem Geruch. Als dekorative Besonderheit boten sich die Stiefelabdrucke an der Wand an, neben den feuchten Flecken. Um zum Zimmer zu gelangen ueberquerte man einen dieser beruehmten spanischen Innenhoefe. Dieser hatte allerdings nicht die unbeschreblichen Mosaike die ich in den "completo" Hotels bestaunt hatte. Anstatt wurde der 20 Meter grosse Platz zum Waescheaufhangen im Regen genuetzt. So wie es regnete, wuerde die Waesche dort noch eine ganze Weile haengen. Zimmer so wie dieses gibt es massenweise in Suedamerika. Aber dort kosten sie umgerechnete 3 bis 6 Euros, nicht 20.

Diesen ersten Abend kam ich immer wieder zu der Kathedrale zurueck. Nachdem ich etwas zu essen fand, war es der einzige Platz, um selbst damit anzufangen, die Route zum Hotel zu rekonstruieren, die komplizierte zick zack Route zurueck zur feuchten Zelle. Sehr spaet diese erste Nacht war das letzte Mal dass ich mich in Sevilla verlief. Inzwischen war ich jede Gasse hinuntergewandert, steckte meinen Kopf in jeden Innenhof, lief zu jeder willkuerlich gewinkelten Ecke zurueck, und toelperte an jeder cervejeria im ganzen Viertel vorbei. Ich war auf einem einzigen Plaza aus drei verschiedenen Richtungen angekommen, raetselte ueber andere Gassenecken, und fragte mich ob ich schon mal hier war. Letztlich konnte ich sagen, Ja, hier war ich schon einmal. Ich erkenne diese Ecke. Jetzt konnte ich auch meine begrenzten Faehigkeiten erkennen. Ich lernte den Weg von der Kathedrale zum Hotel auswendig. Natuerlich lief ich am naechsten Morgen wieder durch die Gassen, in der Hoffnung eine vertretbare Unterkunft zu finden. Aber es war hoffnunglos. 90 Prozent aller Zimmer sind Doppelzimmer. Das ist verstaendlich. Dies ist ein barrio voll individuellen tapa Restaurants und Cervejerrias. Es ist ein Viertel fuer Paerchen die eine Weilchen spazieren gehen wollen, um dann in irgend einem tappa restaurant sich stundenlang in die Augen zu schauen. Verstaendlicherweise sind Einzelzimmer Mangelware hier. Ich ging abends zu meinen feuchten Waenden zurueck. Der Hotelinhaber genoss seine Rolle as Touristenhai ganz klar. "Paahy Paahy mucho mucho moeny", schrie er, als ich mich durch die aufgehaengten, nassen Bettuecher manoevrierte.

Es war Zeit um noch mal zu der Kathedrale zurueck zu kehren, endlich um sie etwas genauer anzuschauen. Der Teil dieser katholischen Kirche, die jedermanns erste Interesse anregt, is der monumentale Kirchenturm. Seine architektonische Schoenheit wurde schon von Millionen Touristen bestaunt, in tausenden von Buechlein beschrieben. Seine auesere Verzierung steigert sich, von glattem Stein bis extrem verschnoerkelt mit zunehender Hoehe. Touristen versammeln sich darunter. Sie stehen da und schauen in den Himmel, und benutzen ihre Haende als Sonnenschutz fuer die Augen. Das ganze sieht aus wie eine airshow, also ob irgend ein Duesenjaeger Saltos in der Luft macht. Aber statt dessen sind es die komplizierten Muster der alten maurischen Architektur, welche die ganze Aufregung verursachen. Maurische oder katholische Architektur ? Maurische ! Wie viele katholische Kathedralen, so steht auch diese auf Grund und Boden einer ehemaligen Moschee. In diesem sind die spanischen Kirchen auch nicht anders als die frueher beschriebenen Kirchen der Algarve. Nach der Wiedereroberung durch die Christen, wurden die Symbole der feindlichen Religion komplett zerstoert. Hier aber passierte etwas besonderes. Die Mauren selbst wollten das Minarett der Moschee lieber niederreisen, als es in Haenden ihres Feindes zu sehen. Dieses Minarett diente als Model fur andere Minarets in den alten arabischen Hauptstaedten Rabbat und Marakesh. Den Gedanken, dieses Symbol in den Haenden einer anderen Kultur zu sehen, war unertraeglichl. Allerdings wurden die Mauren von dieser Zerstoerung abgehalten,  und zwar von Alfonso, spaeter Alfonso der  X., Koenig von Spanien. Das Minarett wurde spaeter der Kirchenturm der Kathedrale, zu der jedermann hinauf starrte.

150 Jahre nach der Wiedereroberung durch die Christen, wollte die Kirche hier etwas "so grosses bauen, dass die Menschen meinen wir seien verrueckt". Das scheint geglueckt zu sein. Die Erbauer duerfen sich gratulieren, dass dieser Bau jetzt noch den groessten Luftraum aller gothischen Kathedralen beherbergt. Die Beschreibung wie ueberwaeltigent und gigantisch der Innenraum dieser Kirche ist, bereitet Schwierigkeiten. Dasselbe gilt fuer wie klein man sich in dieser Kirche vorkommt. Der Hauptaltar ist ein mehrstoeckiges Relief in Gold hinter Gittern. Gleich neben der Kathedrale steht die alte arabische Alcazaba. Das Nebeneinander der Kathedrale und dem Palast ist eine weitere Variation des "katholische Kirche neben der maurischen Burg" Themas. Nur in diesem Fall ist die Kirche eine Kathedrale und die Burg ein Palast.

Ein Palast ist recht nuetzlich falls man zufaelligerweise Koenig von Beruf ist. Man kann sich dessen Luxus bereichern und darin wohnen. Also nimmt die Geschichte hier einen neuen Bogen. Moscheen wurder zerstoert. Aber Palaeste sind etwas anderes. All der Luxus der deckadenten maurischen Alcazaba kam den spanischen Herrschern  gerade recht. "Pedro der Grausame" wiedererbaute sogar Teile des Palastes aus Ueberresten maurischer Architektur der Gegend. Karl der V und andere fuegten andere herrscherische Anbauten hinzu. Und so verwickelten sich die Kulturen ineinander, aber nur was die koenigliche Architektur anbelangt.

Ich haette noch laenger in Sevilla bleiben koennen. Man haette sich noch mehr Palaeste anschauen koennen. Man koennte durch mehr Parks touren, Stierkampfanlagen, sehenswuerdige Kirchen, historische Hotelanlagen und weitere Ausstellungstuecke welche den Lebenstil der frueher reichen Nobilitaet dokumentieren. Ich haette eine gefuehrte Tour der Alcazaba mit machen koennen, und gesehen wo al'Mu'tadid sein 800 Frauen Harem untergebracht hat - und wo er seine Terasse mit Blumen dekoriert hat - gepflanzt in den Koepfen seiner Feinde. Aber eigentlich bin ich gar nicht so ein Fan von Mord und Todschlaggeschichten. Es kommt ein Punkt, da wird die Geschichte zur tragischen Farce. Was kuemmert es einen schon wenn ein weiterer Mord und Totschlaeger der Geschichte totgeschlagen wurde. Aber ich haette auch meinen Archtektursinn verfeineren koennen. Ich waer voll Bewunderung vor Marmor Fenstersaeulen gestanden, stalaktit aehnlichen Gebilden, Renaissance Anbauten mit fragwuerdiger Harmonie zu den grazioesen Mudejar designs. Aber meine eigene Unterkunft stand in grossem Kontrast mit dem was auf dem Reiseplan gestanden haette. Es ist eine Sache in einer Unterkunft wie der meinen zu verweilen, weil das der Standard eines Landes ist. Die Menschen leben halt so. Es ist eine andere Sache als Tourist ausgenutzt zu werden. Also besonn ich mich, dass das hier eigentlich eine Fahrradtour ist, und fuhr Fahrrad. Eine weitere sehr wichtige Sache musste noch in Sevilla erledigt werden. Ich brauchte eine Flasche Camping Gaz fuer meinen auesserst nuetzlichen Camping Herd. Ich verliess Sevilla in der gleichen Art und Weise wie ich ankam, auf einer 4 spurigen Autobahn, wirklich auesserst entzueckend !

Die westlichen Pueblos Blancos

Genug entzueckendes Stadtfahrradfahren ! Auf dem Lande ist es schoener ! Als naechstes auf dem Fahrplan standen die "pueblos blancos". Diese Doerfer stammen aus roemischer und visigothischen(?)  Zeit. Aber was einem heute auffaellt ist maurisch gepraegt. Das enge Strassenlabyrinth, von schneeweissen Haeusern gesauemt, ist typisch fuer Haeuser, die Berber (Mauren aus Marocco) zuerst in Nordafrika bauten. Nach dem 8ten Jahrhundert findet man sie auch im suedlichen Teil Andalusiens. Ich wollte so viele dieser Doerfer wie moeglich, in Richtung sued und ost, aufsammeln. Man kann die pueblos blancos in ost und west aufteilen, danach auf welcher Seite der Berge sie sich befinden. Die Berge, in diesem Fall, ist das kahle steile Kalksteingebirge, das quer durch Quadalquivir von Nord nach Sued geht. Gibraltar kann man als den letzten suedlichen Zipfel dieses Gebirgszugs sehen. Die westlichen pueblos blancos kamen zuerst an die Reihe. Die meisten von ihnen liegen weit von den Bergen entfernt auf inselaehnlichen Felsenvorspruengen, und halten Ausschau ueber eine rollende Landwirtschaftsflaeche.

Aber zuerst musste ich aus Sevilla raus. Bis ich zum 20km entfernten Utrera kam, hatte ich immer noch meine eigene Haltespur fuer mich selbst. Diese Spur war auch notwendig. Die Autobahn aus Sevilla verkleinerte sich zu einer ganz normalen zweispurigen Strasse mit genau so viel Verkehr. Auf der Haltespur war es laut aber sicher. Am naechsten Ort, Puerto Serreno, gab es wieder Landschaft. Jetzt fuhr ich durch sanft rollende Huegel unter sparsam verbreiteten Obsbaeumen. Die Landschaft hatte den Anschein einer etwas zerrumpelten Decke, mit kleinen Modelltuermen auf ein paar auserwaehlten Huegelketten als Akzent. Ein paar km spaeter, drehte ich auf eine winzige kleine gut geteerte Strasse ab, wo ein sanfter Anstieg in Richtung eines weissen Dorfes began. Ich hielt an und photografierte das Dorf, umrahmt von beschnittenen Baumen. Es wurde schon fahrradfahrerisch rech schoen hier. Es wurde sogar so schoen, dass die ganze Fahrt hierher vergleichsweise wie eine Berufspendelfahrt erschien.

Meine Route fuehrte zum westlichsten pueblo blanco, Arcos, auf Nebenstrassen. Ich koennte den Versuch machen Arcos zu beschreiben. Aber das gibt es schon, und auch sehr anschaulich : "Man stelle sich einen langen, engen Huegelzug vor, gewellt, man plaziere kleine weisse Haueser darauf, zusammengewuerfelt mit anderen die noch aelter sind, man stelle sich vor dass beide Seiten des Berges weg geschnitten sind, so dass sie nach unten fallen, geradewegs und felsig, und unten am Fuss der Wand, einen kleinen, ruhigen Fluss, sein truebes Wasser leckt am gelben Stein und setzt dann seinen zerstoererischen Weg weiter zu den Feldern fort." Nach dem der spanische Schriftsteller Azorin diese Worte schrieb, gibt es einen neuen Stadteil am Fuss des Berges. Nachdem ich den Ort per Fahrrad ganze zwei Mal umfahren hatte, fand ich einen sogar noch neueren Ortsteil neben der Hauptstrasse nach Jerez. Dieser hatte ueberhaupt nichts mittelalterliches, weiss gewuerfeltes, weg geschnittenes an sich. Aber dafuer eignete er sich fuer groessere Lebensmittelauswahl zu billigeren Preisen. Und eigentlich schneidet es nichts von der Illusion ab, die man hat wenn man ueber den Berg streift und auf einmal auf einem balkonaehnlichem Felsenvorsprung ankommt, mit einer alten Kirche auf einer Seite, und der Sierra Grazalema im Sonnenuntergang glaenzend, auf der anderen Seite.

Jeden Tag erfand ich einen neuen Teil meiner Route. Zuerst ging es geradewegs Richtung westen, nach den Vorschlaegen eines Ehepaares aus Stuttgart, das ich in Arcos traf. Sie hatten viel mehr reisefuehreraehnliche Buecher als wie auf meinem Fahrrad Platz gehabt haetten. Aber bevor ich nach Bosque kam, wurden mir die unterschiedlichen Ansprueche zwischen Autofahrern und Fahrradfahrern wieder bewusst. Ich hatte das Verlangen nach einer kleinen Strasse, eine Route ohne Verkehr, eine Strasse die mit der Landschaft spielt, nicht eine Strasse welche die Landschaft beherrscht, so wie der Weg gestern nach Arcos. Ich fand so eine Route, eine die nur auf meiner Fidelsur Karte eingezeichnet war. Spaeter lernte ich dass sie nicht auf der Karte des andalusischen Touristenverbandes eingezeichnet ist und auf der sonst respecktiereten Michelin Karte auch nicht. Sie fuehrt ueber Huegel und Wiesen westlich von Bosque am Rand des Naturparks Grazalema entlang. Mittagspause fand in einer Weide statt, unter einem Zeichen "peligro, ganado bravo". Vorsicht Gefahr, gefaehrliche Kuehe. Das hoerte sich sehr geheimnisvoll an. Aber bis Tagesende lieferte mich diese Strasse wieder an einem bildlich perfekten Bergdorf ab, Alcala de los Gazules. Weit und breit gab es keine Touristen. Der hoechste Punkt des Dorfes war eine maurische Burgruine. Ruinen und Unrat zogen sich noch fuer mehrere Bloecke unterhalb der Burg entlang. Die Burg war geschlossen und anscheinend von einem kleinem Jungen mit Stock bewacht. Ich fragte ihn ueber die Burg. Aber er war mehr daran interessiert mir ueber eine Fiesta zu erzaehlen, natuerlich eine Fiesta die sich um eine torro dreht. Das ist wo das "ganado bravo", die tapferen Kuehe, gequaelt werden, und die Menschen machen viel Krach dabei. Die Weiden, durch die ich heute fuhr, waren die Zuchtwiesen fuer die tapferen Kuehe. "Te guste" (Magst du das ?)" fragte mich der kleine Junge ueber die Kuhquaelerei, auch Stierkampf genannt von seinen Liebhabern. Nein, eigentlich nicht, es waere interessanter wenn die Matadoren (Uebersetzung: Toeter), sich gegenseitig quaelen wuerden, als wie die arme Kuh. Das wuerde mehr Mut zeigen, und ausserdem etwas positives verursachen. Was soll eigentlich so vorbildlich daran sein an der Kuhzucht, die die Boesartigkeit der Kuh hervorhebt ? Und dann wird sie dafuer umgebracht. Aber eins steht fest. Spanische Kuhquaelerei verursacht viele laut schreinde Spanier. Es wurde eine laute Nacht, eine wirkliche Herausforderung fuer das ganze Arsenal von Ohrenschutzmaterialien, das ich mit mir fuehrte, Stoepsel aus akustischem Isolierschaum, bis zu Ohrenschuetzern, die von Flugzeuglotsen getragen werden, wenn sie ein Flugzeug zum Halteplatz lotzen. Ich schlief in kaltem Schweiss gebadet. Aber - grosse Freude - als der Morgen kam war ich wieder guter Laune zum Fahrradfahren.

Die Route durch die oestlichen Pueblos Blancos wurde von Bergdoerfern und Verkehr bestimmt. Auf das erste zufahren, das zweite vermeiden. Nachdem ich meinen Plan zwei mal abgeaendert hatte, beschrieb die Route ein grosses Z zur Kueste im Sueden. Trotzdem benoetigte ich nur 3 Tage und genau 200 Meilen, um wieder an den Ozean zu gelangen. Um nicht auf Hauptstrassen zu fahren, verpasste ich eine Bergstadt, Medina Sidonia. Macht nichts ! Vejer de la Frontera ersetzte es an der route. Es leuchtete weiss auf dem Berg wie der Zucker auf  einem Gebaeckstueck. Vespas umkreisten es wie Mosquitos. Vejer's Anziehungspunkt war ein wunderschoener Brunnen, umgeben von farbenpraechtigen Kachelwerk. Dort traf ich zwei spanische Paare auf Tourenraedern. Es waren die allerersten spanischen Fahrradtouristen. Dass 2 Frauen dabei waren ist auch erwaehnungswert. Der den einzigen Typ von Fahrradfahrern, der mir bis jetzt entgegnete, war grosse Gruppen ausschliesslich maennlicher Rennfahrer (oder zumindest sehen sie sich selbst gern als solche), die am Wochenende durch die Gegend schwirrten. Diese zwei Paare radelten den ganzen Weg von pais Basque, an der franzoesischen Grenzen, wo Fahrradtouren mehr ein Teil der Kultur ist.

Noch etwas geschah in Vejer. Mein Wochenendeinkauf in einem winzigen Loch-in-der-Wand aehnlichem Geschaeft verursachte einen fuenf Menschen langen Stau. Ich brauchte halt etwas mehr Zeit um klar zu machen was ich kaufen wollte. Aber die Menschen hinter mir hatten viel Geduld. Als es dazu kam, dass ein Leib Brot viel zu gross fuer mich war, bot die Frau hinter mir an, den Rest des Leibes zu kaufen. Als es zur Mortadella kam, lautete die ewige Frage "con o sin aceitunas" (mit oder ohne Oliven)", con natuerlich. Nach einer Woche in Andalucien, kann ich schwer verstehen wie die Menschheit ohne Oliven in ihrer Mortadella auskommt. Oliven entfalten den Geschmack der Mortadella erst richtig. Oliven sind zu Mortadella, was Schokolade zum Eis ist. Eigentlich kaum vorstellbar, dass ich vor dieser Fahrradtour noch nie etwas von Oliven in Mortella gehoert hatte.

Ein Platz von grossem nationalem touristischem Interesse (die Costa del Sol)

Ein Zeichen pries an "lugar del interes turistico nacional", ein Platz des grossem nationalen Interesse. Ich war gerade wieder an die Kueste gelangt. Was war dieser beruehmte Platz ? Ein schoener Strich Kueste ? Ein Nationalpark ? Ein Naturschutzgebiet, wo sich Dolphine oder Wale zur Freude der  Touristen tummel ? - Falsch. Es war ein Wohngebiet, eine Art von  Dorf wie der Skirort Vail, aber ohne Skianlage, eine Betonwueste also. Es war nicht ganz so ueberwaeltigend wie Albuffeira. Da muss man noch ein paar Jahre warten. "Das nationale Interesse", von dem die Rede ist, muss auf die Steuern zutreffen, die damit in die Regierungskasse wandern. Auf keinen Fall kann es sich dabei um Interesse handel, dass ein normaler Reisender daran haben koennte. Es war wieder ein Ort der fuer den Pauschaltourismus reserviert war. Es gab allerdings einen urtuemlichen Aspekt an diesem Ort, und das war die Strasse. Sie war voller Loecher wie eine alte Sandpiste durch die Wueste in Baja California. Meine Fidelsur Karte zeigte ganz klar, dass diese Piste bis nach Gibraltar durch geht. Aber in diesem Fall scheinen die spanischen Kartographen mit viel Fantasie gearbeitet zu haben. Passanten konnten mir da auch nicht weiterhelfen. Die waren alle aus Deutschland, hier am ersten Tag, und neugierig was ich hier verloren habe. Fuer sie war das Leben ein Strand, nicht eine Strasse. Nach einem km war die Strasse zu Ende.

Aber 5 km zurueck, bevor den plaetschenform-aehnlichen Eigentumswohnungen und Riesenhotelanlagen, war ein kleines, eigenstaendig gewachsenes Stranddorf. Es war hier vor all den kommerziellen Verruecktheiten. Zahara de los Atuenes hatte alles fuer eine passende Uebernachtung. Da war schon erst einmal ein 18 Euro Zimmer. Hostals wie dieses, "Hostal Montemar", haben ein schoenes eigengebautes Gefuehl. Der Schluessel dreht sich manchmal in die andere Richtung als wie man das gewoehnt ist. Tuerklinken auf der zweiten Seite der Tuer sind keine Pflichtsache. Gaenge verschieben sich auf einmal ein paar Decimeter, der Inhaber gerade den letzten Anbau hingesetzt hat. Trotzdem ist alles in blitzteblank gekachelter Pracht gehalten, und die Anweisungen zum Notausgang haengen and der Wand, genau so wie sie das zu tun haben.

Ein kleiner Laden gab mir die Bananen, die nicht mehr perfeckt gelb waren, und das an einem Sonntag, aber natuerlich nachdem die 5 Uhr Siesta vorbei war. Ausserdem war da ein Strand mit strahlend rotem Sonnenuntergang, praezis plazierte Muellbehaelter, ein Plaetzchen wo man Platz nehmen kann zum Nachdenken. Irgend etwas hielt mich an diesem Ort einen weiteren Tag. Vielleicht weil es das erste Mal war wo ich meine Ohrenstoepsel nicht brauchte, vielleicht war es auch der Jazz auf Radio Aqua, oder es war der praechtige Sonnenuntergang genau hinter einem Frachter der vor einem steilen Kliff geankert war.

Die meisten Radfahrer scheinen der Naehe der Kueste zu folgen. Jede Beschreibung die ich kannte tat das, und 3 Radfahrer die ich in Sevilla traf, tat es auch. Ich war neugierig ob ich etwas vepasst habe. Aber bis ganz nach Cadiz zuerueck schaffte ich es nicht in einer Tagestour. Anstatt benutzte ich den Tag dazu um ein paar Punkte am Meer zu erkunden. Die Tagestour nordwestlich nach Conil zeigte eine Kueste mit natuerlich heranwachsenden Kuestenorten, also nicht die zentral geplanten Grossanlagen des Vortags. Kleine Wege fuehrten zwischen Campingmobilen hindurch, zu versteckten Hostales mit Palmenschirmen, und Menschen in verschieden Stufen der Nacktheit am Strand entlang verstreut. Strandortschaften wie "Playa Palmar" ziehen Touristen an durch ihren Liberalismus. Sie sind ein krassen Kontrast zu den ueberkommerzialisierten Bauprojekten etwas weiter noerdlich. Zusammen machen sie einen interessanten Vergleich. Die vereinzelten Dreckhaufen, um ein paar weg geschmissene Matratzen organisiert, in Playa Palmar, scheinen kaum jemand zu stoeren. Der "Platz des grossem nationalen Interesse" erscheint geradezu verlassen im Vergleich.

Die Route von der portugiesischen Grenze, ueber Sevilla zur suedlichen Kueste beanspruchte ungefaehr 500 Meilen in 7 Tagen. Die Zickzackroute durch die Pueblos Blancos, sowie die Tagestour an der Kueste machten diesen Teil laenger als wenn man der Quadalquivir Kueste folgt. Noch ein Tag und 60 Meilen lagen zwischen mir und Gibraltar.

Die Strecke zum Felsen

In einem Fahrradfuehrer zu den schoensten staedtischen Fahrradwegen der Welt duerften die letzten km zum Felsen von Gibraltar nicht fehlen. An diesem Punkt ist man noch auf spanischem Besitz in der Stadt "La Linea de Concepcion". Ein breiter Boulevard schweift von einem Kreisverkehr zum naechsten am Wasser entlang. Der Fahrradweg liegt zwischen der grosszuegig gepflasterten Promenade und dem Boulevard. Der Felsen zeichnet sich direkt vor einem ab, wie - also - wie der Felsen von Gibraltar. Hunderte, wenn nicht tausende von Steinbaenken saeumen die Promenade und laden ein, den grossartigen Blick zu geniessen. Aber die Baenke sind in die verkehrte Richtung gedreht, vom Felsen weg. Vielleicht ist das ein Zeichen der Zwiespaeltigkeit, dass die Spanier gegenueber dem Felsen haben, oder die umgekehrten Baenke sind einfach eine Iberische Eigentuemlichkeit. Ich glaube es ist das letztere. Aus irgend einem unverstaendlichem Grund stehen in vielen Parkanlagen und Aussichtspunkten Baenke, die in die entgegengesetzte Richtung gedreht sind. Vieleicht soll man davor stehen und sie dienen wirklich als Fusstuetze, waehrend man den Ellenbogen auf dem gehobenen Knie stuetzt, auf welchem wiederum der Kopf Rast macht, um die zu betrachtende Szene vor einem gediegen zu wuerdigen. Das ist nur Spekulation.

Manchmal scheint es als ob die Gibraltar Spanien Grenze die letzte wirkliche Grenze innerhalb des kontinentalen Europa ist. Waehrend man so gut wie nie den Pass innerhalb der Europaischen Union zuecken muss, darf man hier eine lange Schlange erwarten. Bei solchen Gelegenheiten haben Fahrraeder einen Vorteil. Waehrend Autofahrer noch in ihrer stundenlangen Schlange standen, konnte ich mich ohne die grosse Metallkiste um mich herum viel leichter nach vorne bewegen. Einmal auf Gibraltar, bevor ich wieder in die Pedale einklicken konnte, war ich schon am "British Airway" Empfangsgebaeude vorbei - aber nicht von hinten. Die Strasse geht direkt ueber die Landebahn, um Platz zu sparen. Dies muss der kompakteste kleine Posten eines ehemaligen Reiches sein, das es gibt. Eine Minute spaeter, flogen 4 verschienden Autohaeuser an meinem, sich bewegenden Fahrrad, vorbei. Sie waren aus Platzgruenden in engen Reihenhaeusern untergebracht. Aber nicht so schnell, das war der verkehrte Ausgang vom letzten Kreissverkehr. Zurueck marsch marsch !

Dir "richtige" Richtung fuer mich hiess, auf der Seite des Felsens entlang zu fahren, der zu seiner Spitze fuehrt. Das heisst, man muss sich durch die Westseite quetschen, also durch die gesamte Infrastruktur eines unabhaengigen Landes, von Krankenhaus ueber Schulen zu Jachthafen. Der Verkehrsstau war schon Koenig, obwohl der ganze Grenzverkehr noch auf der anderen Seite aufgehalten war. Hier auf der englischen Seite dirigierten englische Bobbies den Verkehr, aber nur wenn er sich bewegte, und das war recht selten. Meistens standen die Bobbies nur mit schlappen Armen da, und warteten, genau wie all der andere Verkehr. Vespas und Fahrrader konnten sich durch Ritzen und Spalten druecken, wie Kaefer die in den Wandritzen verschwinden. Fahrraeder konnten das sogar noch besser als Vespas.

Hier drueben scheint es sehr britisch einher zu gehen. Schuljungen und Maedchen tragen englische Schuluniformen. Der Eingang zu den Laeden am Trafalgar Square hat getrennte Abfallkoerbe fuer Zigaretten und Kaugummi ! Die Briten kontrollieren Gibraltar seit 1704. Um "Karl dem Oesterreicher" im "war of Spanish succession" (Uebersetzung leider unbekannt) zu helfen, fielen sie auf Gibraltar ein, verbrannten Kirchen, und pluenderten Haeuser. Das war vor 300 Jahren. Ueber 10 Generationen haben die Einwohner einen Lebenstil entwickelt, der ihrer miniaturisierten Umwelt entspricht, und heute ist es nicht mehr exklusiv britisch. Heutzutage stammen die Gibraltaner aus einer Kombination von Genuanern, Portugiesen, Spaniern, Minorcanern, Juden, Maltesern und Briten ab.  Was machen dann all die sehr englisch aussehenden Leute, die in den Bars in Trafalgar Square herumsitzen ? Das sind natuerlich Touristen aus England. Scheinbar ist Gibraltar ein obligatorischer Besuch fuer alle Briten dei in einem 200 km Umkreis sind.

Um Trafalgar Square werden Touristen gebeten Bittschrifften zu unterschreiben, um ein weiteres Bleiben Gibraltars in britischen Haenden zu gewaehrleisten. Allerdings ist die Meinung der Einwohner massgebender als die der Touristen. Aber die meinen das auch, und deswegen fragen sie wohl die Touristen.  Das letzte Mal als die Gibraltaner abstimmten, ob sie unter englischer Kontrolle bleiben wollen, waehlten sie 12138 zu 44 dafuer, also fast ein Unentschieden. Das war 1969, und trotzdem versuchte Franco kurz danach die Uebergabe des Felsens von Grossbritanien zu erzwingen, dadurch dass er die Grenze verriegelte. Aber die Briten wollten Gibraltar behalten, und versorgten es durch die Luft. Inzwischen ist Spanien eine Demokratie, und Spanien und England stehen sich diplomatischer gegenueber. Eine naehere Bindung an Spanien scheint unaufhaltbar.

Mein Fahrrad trug mich zum Felsengipfel bevor ich sagen konnte "heiliger Verkehrstau". Der Stau war unter mir. Aber hier oben hatte ich die Strasse fuer mich selbst. Die Folgerung, die man daraus schliessen kann ist, dass es sich unterhalb alles um gibraltarischen Verkehr handelte. Die Touristen waren immer noch auf der anderen Seite der Landebahn. Die Strecke zum Gipfel ist eine Serie von 2 Meter engen Spuren, manchmal mit kleinen weissen Strichen auf der Seite, die anzeigen, wo man in den Abgrund faellt falls man nicht vorsichtig ist. Anderswo stehen stolze Waende auf den Seiten dieser Miniaturfahrbahnen. Sogar am spaeten Nachmittag sind immer noch nicht viele Autos hier oben unterwegs. Aber wenn man mal einem begegnet, kommt man nur mit Schwierigkeiten mit einem Fahrrad daran vorbei. Manche dieser Wege sind in beiden Richtungen befahrbar. Wie man allerdings 2 Autos aneinander vorbei bringen soll, ist mir ein Raetsel. Oben war ich alleine mit echten Affen und wir konnten uns die Wolken anschauen, wie sie von Afrika herueberrollten. Endlich kam der erste weitere Mensch hier oben an, mit der Seilbahn.

Der schoenste Teil auf diesem Felsen war oben auf dem Kamm, das versteht sich. Nahe der Mitte des Felskammes steht ein alter maurischer Ueberwachungsturm. Zu Vorzeiten bot er strategische Aussichten. Heutzutage bietet er landschaftlich schoene Aussichten. Genau wie den Rest der suedlichen iberischen Halbinsel, so waren auch hier, die Mauren. Aber selbst das Gibraltar Museum in den Strassen darunter, bietet wenig Information, womit man sich ein Bild dieser Zeit machen koennte. Die Geschichte der Region, wie sie im Museum erszaehlt wird, geht schon weit genug zurueck. Sie geht sogar bis zur paleozoischen Aera zurueck, als der Kalkstein abelagert wurde. In juengerer Zeit, relativerweise, landeten die Phoenizier auf diesem kahlen Stein. Sie sind der Ursprung der Legenden von den "Saeulen des Herkules", eine griechische Legende. Ein paar Jahrhunderte danach wurde der Felsen zu einer maurischen Stadt. Ein grosser maurischer Turm steht noch ueber Trafalgar Square, zwischen zwei Wohnugshochhaeusern eingequetscht,  und es sieht so aus als ob er schnell wieder ein Teil des Felsens selbst wird. Und dann gibt es noch den kleinen Wachturm mit dem der Paragraph anfaengt. Von hier sieht man noch am besten wie Gibraltar vor hunderten von Jahren ausgesehen haben muss. Man steht neben nichts Britischem, ausser vielleicht die enge Gasse auf der man hoch kam. Sonst - nur dichtes wildes Gebuesch und sich biegende, knorrige Baueme, die in dem Kuestennebel und warmen Temperaturen gedeihen.

Wie schon gesagt,  die letzte Zufahrt nach Gibraltar sollte wirklich in einem Buch beschrieben werden, mit Titel "die schoensten Stadtzufahrten per Fahrrad". Schade dass man den Tag den man braucht um dort hin zu gelangen, nicht auch mit dazufuegen kann. Falls es in irgend eine Kategorie passt dann waere das "100 Strassen die man mit Fahrrad moeglichst vermeiden sollte". Ich bin darauf gefahren. Trotzdem ist es die schnellste und einfachste Route von Zahra. Der Anfang ist noch angenehm, um den suedlichsten Zipfel Europas herum, durch die Stadt Tarifa. Ab hier stehen hunderte moderne Windmuehlen in den Huegeln um die Kletterstrecke zum alto de cabrito (320). Man ist jetzt auf einer stark befahrenen 4 spurigen Strasse. In gutem Wetter kann man von hier das Mittelmeer sehen. Ich hatte schlechtes Wetter. Die Strasse ist ein Teil des Hauptverkehrs der um die ganze Mittelmeerkueste Spaniens geht. Aber wie fast immer, man hat eine breite Schulter auf der man fahren kann. Die Strasse ist vielleicht nicht die angenehmste. Aber es koennte noch schlimmer sein.

Es ist die Strecke hinter Algeciras, wo es einem nicht mehr erspart bleibt, sich mit dem Verkehr zu befassen. Zuerst kommen 20 km Autobahn. Anscheinend gibt es wirklich keinen passenderen Weg an der Kueste (im Landesinneren schon). In entgegengesetzter Richtung, auf der anderen Seite von 6 Spuren Verkehr, sah ich einen Rennfahrer. Er sah so aus als kennt er sich hier aus, und war trotzdem auf der Strasse. Trotzdem an faehrt hier ueber historischen Grund und Boden. Dort drueben, auf der anderen Seite des Stacheldrahts, wo die Raffinerie jetzt steht, landeten einst die Pheonecier in einer wilden Bucht. Sie waren so von der Gegend inspiriert, dass es fuer sie zu heiligem Grund und Boden wurde. Aber die Zeiten haben sich geaendert. Dort, auf der anderen Seite steht der Ort San Roque. Es wurde von den Spaniern gegruendet, die aus Gibraltar flohen. Das Jahr war 1704. Von diesem Ort auf einem Huegel, koennen die Einwohner von heute immer noch den Herkunftsort ihrer Vorahnen in der Ferne erspaehen. Heutzutage hat sich der Blick etwas geaendert durch qualmende Raffinerieschornsteine und rosa Nebel Abgaswolken. Hier geht die Fahrradroute zum Felsen von der Autobahn ab, um mit einer weiteren Autobahn fort zu fahren, die letzte und kroenende Autobahn nach La Linea. Diese ist nun wirklich nicht die typische landschaftlich reizvolle Fahrradstrecke. Aber  trotzdem, wenn der Felsen zuerst erscheint, ist es ein atemberaubender Moment. Er ist ein flacher Umriss im Dunst, eine spitzer Papierausschnitt, eine monumentale Groesse die sich in der Ferne hinter Schornsteinen auftuermt. Es ist auch ein atemberaubender Moment wegen all den Abgasen, der Autos die vorbei rasen.

La Linea ist die spanische Stadt die um Gibraltar gewachsen ist, nachdem Gibraltar von den Briten uebernommen wurde. Ausserdem ist es ein viel billigerer und einfacherer Platz zum Uebernachten. In La Linea hatte ich auch die Chance einen Fahrradladen zu besuchen. Man konnte also reparieren. In dem Laden stand ein stolzer Glaskasten, in dem allerhand Teile aufgestellt waren, Brems und Ganghebel, Zahnsterne, Axeln, Tretlager und Spindeln. Ich war an den Spindeln interessiert. Mein Tretlager machte einige Geraeusche, die sich nach einem abgenutzten ("pitted") Kugellager anhoerten. Nach 50000 Meilen war das eines der allerletzten Teile der Originalausruestung dieses Fahrrads. So fiel die Trennung schwer. Aber es war einfach zu bequem. Von meinem Hotelzimmer konnte ich zu dem Laden laufen, und die Mechaniker konnten daran abends in ihrer Nach-Siesta arbeiten, also zwischen 5 und 9 Uhr. Als ich das Rad wieder holte, merkte ich dass der Zahnkranz etwas naeher am Rahmen war als wie mit der Orginalspindel. Aber das Rad stammt aus den Mitte 80er Jahren. Es ist schwierig genau passende Teile dafuer zu finden.

Ueberall an der Spanischen Kueste sieht man Campingmobile, die schoene, passende Plaetze finden, von wo man die Kueste geniessen kann. Manchmal sind das wilde schwer auffindbare Plaetzchen zwischen den Duenen. Andererseits sind es kostenlose Parkplaetze, bei oder im Ort selbst. In La Linea gab es so einen Campingmobil Parkplatz. Seine Geraeumigkeit stand in Kontrast mit dem vollgepackten Felsen, nur ein paar hundert Meter entfernt auf der anderen Seite des Wassers lag. Vielleicht diente diese Geraeumigkeit dazu, die Zunge Richtung Gibraltar und seinen Platzmangel auszustrecken. Hier in La Linea, gab es nicht einmal Grund, dass Campingmobile nebeneinander parken. Stattdessen konnten sie sich ihr eigenes Plaetzchen suchen, mit einigen hundert Meter Sand fuer sich.

Europaeische Campingmobile sind viel kleiner als deren US Vergleiche. Also war es eine Riesenueberraschung so einen grossen US RV-Bus auf dem La Linea Parkplatz zu erspaehen. Dies war der einzige Parkplatz weit und breit, wo dieser Bus ueberhaupt genug Platz hatte. Das Fahrzeug war so lang wie ein ganzer Gibraltar Stadtblock. I sprach mit dem Besitzer, der bequem im Inneren lag - durch die Moskitonetz-Tuer. Anscheinend war es so bequem darin, dass er keinen Schritt auserhalb seiner Landjacht wagte. Nachem er ein Jahr in "the states" damit herumgetourt ist, verschiffte er das Fahrzeug nach England. Allerdings war er nicht vollkommen von der Nuetzlichkeit des Fahrzeugs auf dem europaeischen Kontinent ueberzeugt. Im Gegenteil, er wollte es verkaufen. "Das waeren also 80 000 Pfund, bitte in bar" meinte er, und da ist sogar der Smart dabei, der hinten dran haengt". Also, sehe ich so aus als ob ich 80 000 Pfund mit mir auf dem Fahrrad herum schleppe ? Hoert sich etwas sonderbar an ! Er hatte schon ein paar Eingestaendnisse an die oertlichen Verhaeltnisse gemacht. Anstatt eines benzinsaufenden Explorer oder anderem amerkanischen Riesenmobil, zog er einen Smart. Das Image von einem amerikanischen Motorhaus, das einen Smart zieht ist so aehnlich wie ein Vogel der auf einem Rhinozerus sitzt. Der Smart haette jederzeit im Inneren des RVs Platz gehabt, falls es eine genuegend grosse Tuer gaebe. Der Smart war das einzig logische and diesem Autozug.

Die un-sevillianisierte Seite der Berge (die oestlichen Pueblos Blancos)

Im ganzen gesehen, ging meine Route Sued, Nord, Ost und West, also nicht gerade immer in dieselbe Richtung. Gibraltar war ein Wendepunkt. Von jetzt fiel wenigstens einer dieser Richtungen weg, Sued. In anderen Sachen war es auch ein Wendepunkt. Ich nahm Abschied vom Mittelmeer und seinem wilden Verkehr. Nur noch einmal wuerde ich in seine Naehe kommen, nach mehreren Tausend km. 20 km nordwest von Gibraltar fuhr ich die 1000te Meile, und die Fahrradverhaeltnisse wurden drastischerweise besser. Die Route ging wieder nach Norden, aber diesmal auf der oestlichen Seite der Sierra Grazalema. Die letzten Reste der grossen Schachtellaeden waren verschwunden. Wenn man hypershoppen will geht man zur Kueste. Wenn man Fahrrad fahren will, tut man das besser im Landesinneren. Die westlichen Pueblos Blancos waren immer noch in der Naehe Sevillas. Die vielen Kastenbauten von Geschaften finden immer wieder ihren Weg in die Bilder sonst mittelalterlich anmutender Doerfer. Hier drueben auf der "nicht-sevillianisierten" Seite der Berge, muss man sich nicht bemuehen all die Kraene und Parkplaetze aus dem Bildausschnitt zu halten.

Die Gegend um das Grazalema Gebirge is der nasseste Teil Andalusiens. Das wurde klar waehrend der Kletterfahrt zur "puerto de Espigas", zwischen Gibraltar und Ronda. Die Strecke geht durch dichten Nadelwald zu dem 300m Pass. Aber das ist nur ein puerto zum naechsten puerto. Die Berge werden hoeher, steiler, und ueppig wie ein Teppich. Die Doerfer, die an die Bergseiten geklebt sind, sehen aus wie Spritzer weisser Farben. Die Berge werden zu hoch fuer eine Ansiedlung auf dem hoechsten Punkt. Anstatt dessen sind Gaucin und andere ueber niedrigere Haenge gefaltet, oder nestaehnlich auf halber Hoehe plaziert. Bis ich zur Puerto No. 2 kam, der Puerto de las Encimas Borrachos, wurde der Wald durch bruechige, leicht gekurvte Kalkfelsen abgeloest. Von hier geht die Route zu einem weiteren Trockenplateau, mit Ronda als Haupt-Touristenziel. Diese Fahrt von Gibraltar bot solche grosse Unterschiede in Natur, so wie menschlichem Lebensraum, dass man kaum glaubt so etwas passt alles in einen einzigen Tagt. Der Himmel war Utah blau und ich war auf einem Biking High.

Mittagessen war heute auch etwas besonderes. Es gab eine 3 Sandwich Unterhaltung mit Gary, der gerade von einer 3 Monat Tour durch Marocco heim radelte. Komisch wie Fahrradfahrer immer fuer dasselbe anstehen. Immerzu muessen wir in Schlangen stehen, um Tomaten, Bananen oder Kaese zu kaufen. Gary war ein grosser Hollaender, wahrscheinlich um die 30. Das erste was einem Nichteuropaear an ihm auffiel, waren die eigenartigen Lenkstangen an seinem Fahrrad. Daran waren gebogene Rennlenker und auch ein gerader Mountain Bike Lenker angebracht. Es sah eigenartig torro-aehnlich aus, als ob es mit seinen verschiedenen scharfen Vorderenden faehig waer, Gegenstaende aufz spiesen.  Aber Gary war eigentlich gar nicht so an seiner Fahrradausruestung interessiert. Fuer ihn war es einfach ein Rad, das er irgendwann in den 90er Jahren gebraucht gekauft hatte. Er war mehr in kulturellen Sachen interessiert, und er war zumindest genauso in den Ansichten anderer interessiert, als wie seine eigenen Ansichten zu verbreiten. So etwas ist eine Seltenheit. Nach einem langen Lunch wussten wir beide wo der andere auf einer ganzen Reihe von Themem steht, angefangen mit Iraq und Bush, Schiesswaffengesetzte, kulturelle und soziale Unterschiede zwischen einer ganzen Reihe von Laendern, um nur ein paar Sachen zu erwaehnen. Als er mich also fragte. "Ist diese Packtasche um deinen Guertel nicht zu schwer ?", und ich antwortete "Nein, da sind mein Fotoapparat und Objektive drin, die will ich immer zur Hand haben" und er witzelte "also genau wie einige Amerikaner, die immer ihre Gewehre zur Hand haben wollen", wusste er genau dass mich dieser Kommentar nicht stoerte. "Ja, ganz genau so ist es". Wir waren ein und der selben Meinung. Ich habe enge Verwandte die trotz 40 und mehr jahriger Bekanntschaft  nicht so viele meiner Ansichten kennen. Entsprechenderweise kenne ich sie auch nicht besser. Das zeigt also nur, dass Fahrradtouristen in einigen Aspekten oft die gleichen Weltansichten entwickeln. Oder vielleicht betaetigen sich solche Menschen mit aehnlichen Ansichten auf Fahrradtouren. Aber bevor ich jetzt anfang, etwas ueber das Huhn und das Ei zu faseln, und was zuerst kam, hoere ich lieber auf. Wieauchimmer, es schien wir sahen die Welt aus demselben Winkel.

Eigentlich gibt es etwas an Garry's Ausruestung, das noch imposanter ist als die ungewoehnliche Torro-Lenkstange. Und zwar war es etwas, was darauf Geschraubtes. Oben hervorstehend von der Lenkstange, war eine grosse pultaehnliche Platte. Es war das naechste zu einem Schreibtisch auf  dem Fahrrad. Diese Platte war auf einem hochgedrehten Halter aufgeschraubt, der frueher einmal als Halter einer Lenkertasche diente. Diese Platte enthielt eine Liste aller spanischer Woerter, die Gary brauchte - wirklich eine gute und einfache Idee. Aber das ist es was gute Ideen normalerweise sind, perplex einfach. Die mikroskopisch geschriebene Liste konnte mit einer Klammer von der Platte abgenommen werden. Auf diese Weise konnte die Liste in lebensnahen Situationen eingesetzt werden, weg vom Rad, so wie beim Tomatenkauf in dem Markt, wo wir gerade waren. Die Worte waren nach hierarchischer Methode organisiert, nach Situationen wo sie gebraucht werden. Verstaendlicherweise war die groesste "Funktionsgruppe" die verschiedenen Gegenstaende die man gerne ass, also angefangen mit Bananen bis zur Tomate. Er waere korrekt zu sagen, dass Gary nicht spanisch sprach. Aber es waer vollkommen falsch, dass er kein Wort spanisch sprach. Er sprach viele, alle die er brauchte. Es sind einfache, aber trotzdem geniale Erfindungen wie diese, die fuer einen Fahrradtouristen wichtig sind, nicht der Sitzposten aus Titanium.

Auserdem verglichen wir die Nuetzlichkeit unserer Landkarten, seine hochrespektierte Michelin Karte gegen meine generell niedrig bewertete Lidelsur Ausgabe. Wir stellten fest, es gab grosse Aehnlichkeiten, aber auch nicht mehr. Auf meiner Karte waren dicke Striche wo ich wusste dass die Strassen aufhoerten, westlich von Gibraltar zum Beispiel. Seine Michelin Karte hatte keinerlei Zeichen wo ich auf schoener Strasse lang fuhr, naemlich die Strecke zwischen Bosque und Alcala de los Gazules. Spaeter in dieser Tour hatte ich 3 Landkarten der selben Gegend. Auf diese Weise konnte die 3te Landkarte die entscheidende Stimme abgeben, im Falle einer Unstimmigkeit zwischen den ersten zwei. Die Michelin Karte hatte einen weiteren Vorteil, der fuer Garry der entscheidende war. Sie zeigte alle - also zumindest einige bis zu den meisten, der kostenlosen Campigplaetzen.

Aber ich will mit der Routenbeschreibung weiter machen. Ich glaube wir waren in Ronda angelangt. Ronda, von der "puerto de encimas borrachos", ist die einzige Seite von der die Stadt normal und modern aussieht. Von allen anderen Seiten sieht sie interessanter aus. Von allen andere Seiten sieht es so aus, als ob sie auf einen grossen Korken gebaut sei, der gerade weit genug aus der Erde herausragt, bevor er mit eienem Knall aus einer Sektflasche heraus geschossen wird. Die El Tajo Schlucht umschliesst die Stadt auf 3 Seiten mit 130 Metern von etwas ueberhaengendem Abgrund. Diese weinkorkenaenhnliche Landform, mit geradem Blick zur Grazalema Bergkette genau so wie zum Talboden, war schon lange eine strategischer Standort. Die umfangreiche Liste der Besetzer beinhaltet, aber ist nicht begrenzt auf, Kelten, Phoenizier, Roemer, Mauren, und Spanier. Aber bestimmt habe ich jemanden vergessen.  Zum Beispiel habe ich die Tarokamaner ausgelassen. Wer sind die Tarokamaner ?  Bis 1845 war Ronda die Hauptstadt eines eigenstaendigen maurischen Koenigreichs, Tarokama.

Ronda hat eine ganze Reihe von historischen Gebaeuden und Monumenten, welche den geschichtstraechtigen Touristen fuer geraume Zeit beschaeftigen kann. Allerdings war meine erste Prioritaet anders. Die 2 spanischen Fahrradpaare die ich in Vejer traf, erzaehlten mir in recht verbindlichen Begriffen, dass die Gegend um Grazalema und der "Puerto de las Palomas" die allerschoenste in ganz Andalusien sei. Das ist gerade die richtige Enfernung fuer eine Tagestour aus Ronda. Heute wollte ich mich in Position bringen, dass ich auch meine zwei Pfennig dazu abgeben kann. - Ja, das stimmt. - Wenn man die "puerto de las palomas" von unter Grazalema anfaehrt, wird man zum Pass hoch verfuehrt, zuerst damit dass man zum Dorf Grazalema selbst hoch faehrt. Es haengt in einer Schieferstein Schuessel  zwischen drei Bergspitzen. Mit flachem Licht, von einer Seitenstrasse auf der anderen Seite des Tales, sieht es so aus als ob jemand weissen Pudding vom Himmel geworfen hat. Ein Teil des Puddings blieb an den Vorspruengen haengen. Das ist Grazalema in der Sierra Grazalema. Der Marktplatz ist bevoelkert mit Jungen und Maedchen die einen halb platten Fussball umeinander ballern. Der Platz zwischen zwei Baenken aus Eisen dient als Tor. Radler, die sich auf diesen Baenken zur Mittagsrast niederlassen, werden gnadenlose von den minderjaehrigen Hoodlums voll geballert. Also, vielleicht ist es nicht ganz so schlimm. Aber beschossen wird man trotzdem.

Also - wie schon gesagt, man wird zum Pass hoch verfuehrt, zuerst zu dem Dorf Grazalema. Wenn einmal genug Energie verdaut ist, waehrend der unvermeidlichen Mittagsrast im Dorf, wird die nahegelegene Kletterfahrt unwiderstehlich. Wenn man dann ueber die Baumgrenze steigt, schaut die Strasse ueber eine Keilfelsen Topogaphie, welche grosse schraege Schieferplateaus aufzeigt. Aber man sollte genug Zeit fuer die andere Seite uebrig halten. - Oh - die andere Seite ! Ein Salat von Kehren oeffnet sich aus 1700m. Wenn man auf sie nieder schaut, um festzustellen was auf einen und sein Fahrrad wartet, sieht man einen Haufen kurzer, abgehackter Asphaltstreifen die hinter grauem Schiefer verschwinden. Aber es ist so ein Durcheinander, dass man nicht feststellen kann, welches von diesen Asphaltstueckchen jetzt von dir und deinem Fahrrad zuerst durchrollt werden. Aber durchrollt werden sie. Wenn dann alles vorbei ist, und man schaut sich die Szene nochmal an, diesmal von unten, sieht man horizontale Felswaende. Die Illusion des Gegenlichtes ist extrem hier, besonders mit flachem Nachmittagslicht. Der Pass fuehrt im zick zack die Wand hoch, it der Unaufhaltbarkeit einiger grossen uebereinander angereihten Zs.

Auf dem Weg ging es durch mehr pueblos blancos. Jetzt hatte ich sogar die offiziele Pueblo Blanco Karte des Andalusischen Touristenverbundes. Es stellte sich heraus dass einige dieser weissen Doerfer die ich so bewunderte, anscheinend nicht blanco genug sind, um auf die offizielle blanco Liste zu gelangen. Sie sitzen auf Bergen und haben den verlangten mittelalterlichen maurischen Charakter. Aber die Waende werden nicht oft genug weiss getuencht, um auf die Liste zu gelangen. Macht nichts, sie sind genau so wunderschoen. Unter den allgemein anerkannten Pueblos Blancos sind Montejaque und Benoaja eine weiter Variation zum Bergdorf Thema. Sie sitzen in nestaehnlichen Bergvorspruengen gerade an der Baumgrenze, und haben einen groesseren alpinen Charakter als irgend etwas westlich der Grazalemas. Jede Menge der oestlichen pueblos blancos bleiben uerwaehnt. Es gibt einfach zu viele davon. Aber sie blieben nicht unphotografiert.

Wieder zurueck in Ronda, wenn man mal lange genug in die Tiefe geblickt hat, und lange genug in die Ferne zu den Grazalemas, um darin eine neue Fahrradroute zu erkennen, kann man sich dem Peoplewatching witmen. Hier gibt es die People in allen Formen, Groessen, Nationalitaeten und Geschlechtern, fein angezogen, oder normale Ausfuehrung, auf Rollschuhen, auf Fahrraedern, beim Jogging, beim Spaziergang. Sie wollen sich hervortun, oder sich hervortuende anschauen, Familien, Paare, Familien samt ferne Verwandte, einzelne, Babys, 90 jaehrige, ueberschwaengliche Frauen, und wild froehliche Maedchen.

Viel zu schnell, schon am naechsten Morgen, fuhr ich wieder aus Ronda weiter. Der Plan war eine ruhige friedliche Route zu einem weiteren Pass, den "puerto del viento". Das Selbstvertrauen, was Routenplanungs Faehigkeiten anbelangt, kam langsam zurueck. Seit der Fahrt durch Albuffeira hatte ich daran ernsthaft gezweifelt. Aber nachdem die Autobahn aus Gibraltar vorbei war, verbesserten sich die Streckenverhaeltnisse auf drastischer Weise. Ja - es kann mir gelingen - ich kann hier verkehrsarme Strassen durch landschaftlich und kulturell fantastisch interessanten Gebieten finden. Danach gab ich mir grosse Muehe, Grazalema von der allerschoensten Seite anzufahren ueber eine winzig kleine Strasse, suedlich von Grazalema, hoch ueber dem Tal. Aber als ich dann die noerdlichen zick zacks hinabgerollt war, schleppte ich mich gerado noch so zu meinem bequem vorbereiteten Zimmer in Ronda zuruck, und zwar auf dem kuerzesten Weg. Auf meinem Balkon warteten die schon vorher gekauften Rohmaterialien zum Abendessen neben dem kleinen Kocher. Ich schaffte es gerade noch. Es fehlte an Zeit und Energie, den ganzen vorher geplante Kreis zu fahren durch weitere pueblos blancos, Olvera und Setenil. Der Geist war bereit, aber das Fleisch war schwach.

Aber heute war ein schoener neuer Tag, und der Geist war immer noch bereit. Und jetzt war das Fleisch nicht mehr schwach. Ich war nur einig km ausserhalb von Ronda Richtung "puerto del viento". Also drehte ich mein Fahrrad um und fuhr einen Umweg Richtung Setenil und Olvera, die 2 fehlenden pueblos blancos. Sie passten gut in einen Umweg in die Route, Richtung Granada. Die Ueberlegung war, dass diese Route wahrscheinlich etwas mehr Verkehr aufweist, aber dafuer auch interessantere Staedte. In Ruhe und Frieden kann ich wieder fahrradfahren, wenn es das naechste Mal quer durch Wyoming geht. Zu der Zeit werde ich wahrscheinlich zuruecktraumen an die Zeit, wo ich durch die pueblos blancos fuhr. Und so ging die Route durch weitere pueblo blanco Superlative. Olvera sieht man als perfektes weitwinkeliges, zwei seitengleiches Dreieck, als Krone auf einem Berg. Es war immer noch 24 km entfernt im Norden, eine Rekordentferning fuer den eindrucksvollsten Blick auf  eine Stadt. Der Anblick zog mich wie einen Magnet weiter. Aber bevor ich dorthin kam musste ich noch durch Setenil durch. Setenil ist kein Bergdorf, ganz im Gegenteil. Die Erbauer hatten eine total entgegengesetzte Verteidigungsstrategie. Wenn man die Angreifer nicht aus der Hoehe bekriegen kann, muss man sich in den Schluchten verstecken. Ich sah Setenil nicht, bis ich in dessen Strassen war und neben den Hauesern die in den Stein hinein gebaut sind.

An einer Stelle wird ein Felsueberhang zum Strassentunnel. Ein Haus ist im Stein des Ueberhangs gegraben. Das  Haus auf der Gegenseite ist immer noch unter dem Felsueberhang, und hoch genug, dass es daran anstoesst, und voila, ein Tunnel. Von dort waren es noch 15 km bis zum gekroenten Berg von Olvera. Der hoechste Punkt dieses perfekt symmetrischem Dreieck ist von einer maurischen Burg direkt neben einer katholischen Kirche gekroent, Kurzschrift fuer die hiesige Geschichte. Dort oben ist der ideale Punkt zur Mittagsrast. Aber fuer mich sieht Olvera am eindrucksvollsten aus 24 km Entfernung aus.

Eine grosse landwirtschaftlich Flaeche lag zwischen mir und dem naechsten obligatorischem Ziel der Fahrt, Granada. Eine grosse trockene Gebirgskette, die Tocal de Antequerra haelt Niederschlag vom Mittelmeer von der Hochflaeche ab.  Um ueber die Flaeche zu gelangen, musste ich auf einer grossen oft 4 spurigen N vorbezeichntete Strasse fahren. Der Verkehr war leicht, die Hoegel kahl, die Flaeche leer. Es erinnerte mich an radfahren in Ost Montana waehrend eines dunstigen Sommertages, zumindest oeberflaechlich. Brotleib aehnliche Berge, mit Baeumen besprinkelt, schwammen im fernen Dunst vorbei. Ich erreichte den Uebernachtungsort, Antequerra, mit der untergehenden Sonne. Als die Sonne den Horizont beruehrte, schien die kahle Gebirgskette dahinter wie ein Reflektor im Flutlicht. Der vielseitig geschliffene Stein reflektierte das ganze brilliante Licht und hielt nichts davon fuer sich zurueck. Ich meinte schon immer dass Sonnenuntergang in Trockenlandschaften am spektakulaersten sind. Hier gab es mal wieder eine Demonstation.

Der naechste Tag war Samstag und die Fahrradklubs versammelten sich mal wieder am Stadtrand. Sir fuhren in die Tocal, und es sieht so aus als ob sich in der Gegend ganz fantastisch schoene  Weustengebirgsrouten verstecken. Ich allerdings, wurde von einer 4 spurigen Strasse aufgesaugt, und fuhr mit Ruckwindesschnelle durch das Tal. Gegen Nachmittag wendete sich meine Route dem Gebirgszug auf der anderen Seite zu, auf Suche nach einem Postkartendorf, Monte Frio.

Monte Frio hatte ich auf einer Postkarte entdeckt. Danach kam es auf meine "falls innerhalb 50 km der Route - fahr hin Liste". Durch Postkarten nach interessanten Tourenzielen zu kramen, ist oft die einfachste Weise schnell etwas interessantes zu finden, besonder fuer visuell orrientierte Menschen, gegenueber sagen wir mal Schnellesern. Wenn ich Monte Frio beschreibe, hast Du die Beschreibung schon gelesen. Es handelt sich um ein Gebirgsdorf. Es ist eine maurische Burg und eine katholische Kirche dabei, und in diesem Fall noch ein weiterer markanter, tollkuehner Huegel mit einem Kloster darauf. Monte Frio ist in keinem der in den US erhaltbaren, mir bekannten, Reisefuehrer beschrieben.

Zur Zusammenfassung seit der letzten Zusammenfassung : die Strecke von Gibraltar nach Granada beanspruchte 300 Meilen und 5 Tage. Dabei ist auch ein Tag in Gibraltar.





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